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7Sturmnacht

 

 

 

Sturmnacht

Die Nacht des Heiligen Nikolaus ist stürmisch; Regenschauer strömen vom Himmel als wären alle Schleussen geöffnet. Es blitzt und kracht und mir scheint, als würden die Gewitter aus allen Himmelsrichtungen über unserem Kloster ihre Kräfte messen. Um 21 Uhr dann kracht es und die Lichter gehen alle aus. Wir verteilen unsere zwei noch funktionierenden Batterielampen an Feli, die mit Antonio schläft und die andere Lampe ist im Gang für die Kontrollgänge in dieser Nacht. Mit Schwester Michaela gehe ich zur Türe und spreche das Segens- und Schutzgebet. Die Nacht ist unruhig. Ich denke an Nikolla, unseren Nachbarn. Er hat Namenstag, muss aber das Familienfest als Wachposten der Polizei in einem windigen Boot auf dem Shkodrasee verbringen. Er hat Nachtdienst. Zudem ist sein Finger gequetscht, weil er in die Betonmaschine kam. Er kommt hierher zur Versorgung und Schwester Michaela hat ihm dann noch vor dem Dienst regenfeste Kleidung und für ihn und seinen Kollegen im Boot je einen Schlafsack geschenkt. Ich schicke nun den heiligen Nikolaus, den Patron der Seefahrer, zu diesen zwei Männern. Ich glaube, der Nikolla kann nicht mal schwimmen. So vergehen die Stunden im nächtlichen Gebet mit oberflächlichem Schlaf – mehr im Wachzustand. Solche Nächte hier veranlassen mich immer durch die ganze Welt zu streifen und den Notleidenden irgendwie auch im Bittgebet nahe zu sein. Und ich bin dankbar, dass unser Dach bislang bis auf einige kleine Löcher standgehalten hat. Und ich bin froh um die warme Wolldecke, denn gegen 4 Uhr wird es langsam auch kalt. Beim Rundgang, der eher wegen meinem verdrehten Fuss ein Rundschleichen ist, friere ich. Trotzdem gucke ich eine Zeitlang in den von unzähligen Blitzen erhellten Himmel. Die Naturgewalt hat von jeher ihre eigene Anziehungskraft auf mich. Sie ruft mich zur Demut. In der Früh um 6 Uhr dann hat Schwester Michaela unseren Kamin gefeuert und im Saal ist es warm. Das Morgengebet verlagere ich vor das Feuer. Das Frühstück ist wieder mal Candle-light-Frühstück und in der Ambulanz werden wir mit einer Funzel schaffen. Alle elektronischen Geräte liegen im Schlaf und Aferdita, unsere Köchin, kocht zu Mittag dann auf vier Gasplatten. Und irgendwann – so hoffen wir -macht es «klick», wir werden «aaaaaaah» und «ooooooh» rufen, wie die Kids unterm Christbaum und dann werden wir wieder Strom haben. Zu Ehren des Nikolaus werde ich noch ein paar Weihrauchkörner in das Feuer.

7 dezember 2021

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